Kamine

Der aktuelle Stand zum Ofenaustausch – 1. BImSchV

Ofenstillegung 2016

Am 16. Juli 2016 wurde im rheinland-pfälzischen Grünstadt die „TeFa OL-Scho Pfalz-Rheinhessen“ gegründet. Ofen- und Luftheizungsbauer sowie Schornsteinfeger der Region wollten damit für ihre Kooperation einen offiziellen Rahmen schaffen. Eine offene Frage ist jedoch, ob diese Zusammenarbeit und die neuen Organisationsstrukturen auch der Umsetzung der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) und damit der Umwelt nützen.

Aktueller Stand zur Stillegung von Einzelraumfeuerstätten

Die Gründer der technischen Fachgruppe mit dem etwas sperrigen Kürzel wollen auf der neuen formalen Basis auch eine bereits bestehende Kooperationsrichtlinie erneuern, in der es um die fachmännische und normgerechte Errichtung und Erneuerung von Feuerstätten geht.

 

Außerdem möchten sie „gravierende Mängelhäufungen“ bekämpfen, die von Handwerkern verursacht werden, die keine Mitglieder der beiden Innungen sind. Bundesweit existieren bereits einige vergleichbare Gruppen – ob es deren Mitgliedern ausschließlich um handwerkliche Exzellenz oder auch darum geht, unliebsame Konkurrenten auszuschalten, sei einmal dahingestellt. Fakt ist jedoch, dass die Grenzen zwischen den hoheitlichen Aufgaben der Bezirksschornsteinfeger und privatwirtschaftlichen Interessen potentiell noch stärker verschwimmen als bisher.

 

Diese Konstellation hat auch für die Umsetzung der Bundesimmissionsschutzordnung Folgen. Die dort vorgesehene Reduktion der Feinstaubbelastung durch den Austausch oder die Sanierung veralteter Feuerstätten ist bisher kaum vorangekommen. Von den etwa 4,2 Millionen nicht mehr normgerechter Öfen wurde bisher maximal 40% ausgetauscht, andere Beobachter sind noch weniger optimistisch.

 

So schätzt der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI), dass von den in den Jahren 2014 und 2015 austausch- oder sanierungspflichtigen Feuerstätten bisher nur etwa 1,5 Mio. erneuert wurden (Quelle: HKI Interview 02.05.2016 HKI-Hauptstadtrepräsentanz Hans-Günther Beyerstedt).

 

Was rechnerisch nicht nachvollziehbar ist, ist die Tatsache das der Verbandsgeschäftsführer Frank Kienle noch im Juli 2015 von nur 100.000 getauschten Feuerstätten sprach (Quelle: HKI Interview 29.07.2015 HKI-Verbandsgeschäftsführer Frank Kienle).

 

Auch wenn sich die Aussagen von Herrn Hans-Günther Beyerstedt sicher auf die gesamte Zahl seit 2010 bezieht, ist zum Einen die Rechenmethode (die 2. Stufe der BimschV gilt erst ab 2015 und das Marktvolumen beträgt gesamt max. 300.000 Einheiten) und zum anderen auch das Ergebnis nicht nachvollziehbar. Wir werden das an anderer Stelle hinterfragen.

 

Die fließenden Grenzen zwischen hoheitlicher Kontrolle und Privatwirtschaft sowie eine bisher nicht beachtete Gesetzeslücke bewirken, dass oft auch ein veralteter Kaminofen und andere wenig umweltfreundliche Feuerstätten weiterbetrieben werden können – ihr Besitzer und die staatlichen Kontrolleure müssen einen solchen Kaminofen im Prüfbericht lediglich als akzeptabel deklarieren.

Was wird durch die Bundesimmissionsschutzverordnung geregelt?

Die Bundesimmissionsschutzverordnung soll der Feinstaubbelastung umfasst gesetzliche Regelungen zur Reduktion von Umweltbelastungen durch Lärm und Feinstaub. Vor allem Feinstäube durch Abgase und Verbrennungsrückstände gelten als potentiell lebensgefährliche Umweltgifte. Der Körper ist nicht in der Lage, die winzigen Partikel aus der Atemluft zu filtern. Stattdessen dringen sie in die tiefen Lungenareale und zum Teil auch in die Blutgefäße vor.

 

Die möglichen Folgen bestehen beispielsweise in Asthma, Herz-Kreislauf-Leiden oder Lungenkrebs. Nach Schätzungen des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie sterben in Deutschland pro Jahr rund 32.000 Menschen an den direkten Folgen solcher Schadstoffemissionen.

 

Die ersten gesetzlichen Vorgaben des Bundes zur Reduktion von Feinstaub wurden 1980 in Kraft gesetzt. Die zulässigen Durchschnittswerte wurden seitdem mehrfach reduziert, bewegen sich allerdings auch heute in einem recht moderaten Rahmen. Derzeit gilt für Feinstaub ein maximaler Jahresmittelwert von 40 Mikrometer pro Kubikmeter Luft. Der Tagesmittelwert liegt bei 50 Mikrogramm und darf an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Um sie zu erreichen, ist unter anderem ein Wechsel zu emissionsarmen Feuerungsanlagen nötig. Die ursprünglichen EU-Entwürfe zu den Feinstaubgrenzen waren übrigens deutlich strikter formuliert, wurden jedoch durch die Politik verworfen.

Worum geht es bei der 1. Stufe der BimSchV?

Wer einen Kaminofen oder eine andere Holzfeuerungsanlage betreibt, ist durch die gesetzlichen Vorgaben zur Feinstaubreduktion direkt betroffen. Die europäische Umweltagentur (EEA, European Environment Agency) geht davon aus, dass privat betriebene Holzfeuerungsanlagen in Europa die wichtigste Quelle für gesundheitsschädliche Feinstaubemissionen und andere Umweltbelastungen sind. Beispielsweise sondert vor allem ein Kaminofen älteren Baujahrs neben Feinstaub und Kohlenmonoxid auch sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe ab, die als krebserregend gelten.

 

Die 1. und 2. Stufe der BimSchV enthalten ein Maßnahmenpaket, das darauf abzielt, die Feinstaubemissionen durch Holzfeuerungsanlagen zu reduzieren. Am 1. Januar 2010 ist die 1. BimSchV in Kraft getreten, die für kleine und mittlere Holzfeuerungsanlagen – unter anderem Kamin-und Kachelöfen, Herde und Holzheizkessel – gilt. Sie regelt die Anforderungen an die Brennstoffe, die maximalen Schadstoffemissionen, die Überwachung bestehender Holzöfen, die Vorgaben für Ofensanierungen sowie den stufenweisen Austausch alter Feuerstätten. Seit dem 1. Januar 2015 gilt die 2. Stufe zur Umsetzung der Grenzwerte lt. BimSchV, die für Öfen, die nach dem 22. März 2010 in Betrieb genommen wurden, die Schadstoffauflagen noch einmal verschärft.

BimSchV- Roadmap für die Stilllegung alter Öfen

Für die Stilllegung alter, wenig umweltfreundlicher Holzfeuerungsanlagen hat die 1. BimSchV eine Roadmap festgelegt:

 

  • Ein bereits existierender Kaminofen, Schwedenöfen oder eine andere Feuerstätten mit einem Baujahr bis 2010 dürfen weiter betrieben werden, wenn durch Hersteller-Zertifikate oder eine Vor-Ort-Messung nachgewiesen werden kann, dass die Grenzwerte der 1. BimSchV nicht überschritten werden. Mit Ausnahme von offenen Kaminen, historischen Öfen und Holzöfen als Alleinheizung sind alle Holzfeuerungsanlagen, die diese Auflagen nicht erfüllen, nach dem Ablauf von Übergangsfristen in den Jahren 2014 bis 2024 durch den Einbau von Feinstaubfiltern zu sanieren oder stillzulegen.
  • Ein Kaminofen, Schwedenofen oder eine andere Holzfeuerungsanlage, die nach dem 22. März 2010 in Betrieb genommen wurde, muss die Feinstaub- und Kohlenmonoxid-Grenzwerte der 1. BimSchV (jedoch nicht der 2. BimSchV) erfüllen.
  • Für ab Anfang 2015 in Betrieb genommen Holzfeuerungsanlagen gelten die niedrigeren Grenzwerte der 2. BimSchV

Die Kontrolleure: Interessenkonflikte zwischen hoheitlichen Aufgaben und Privatwirtschaft

Ohne strikte Kontrollen sind weder die Vorgaben der 1. noch der 2. BimSchV. Genau hier liegt das Dilemma der eingangs erwähnten Ofenbauer- und Schornsteinfeger-Arbeitsgruppe. Bereits seit 2013 wurde die ursprünglich strikte Trennung zwischen dem hoheitlichen Status der Bezirksschornsteinfeger und privatwirtschaftlichen Interessen durch EU-Recht eingeschränkt.

 

Ursprünglich wurden die Bezirksschornsteinfeger in Deutschland durch die Kommunen auf Lebenszeit bestellt, mit öffentlichen Geldern bezahlt, übten hoheitliche Aufgaben aus und verfügten über das „Kehrmonopol“, so das privatwirtschaftliche Konkurrenz in ihren Arbeitsbereichen keine Rolle spielte.

 

Durch die neuen Regelungen haben auch gewerbliche Schornsteinfeger das Recht, Schornsteinreinigungen, Feuerstellenprüfungen und Abgasmessungen vorzunehmen. Zu den exklusiven Aufgaben der Bezirksschornsteinfeger gehören auch heute die Feuerstättenschau, die Bauabnahme neuer oder umgebauter Öfen oder die sogenannten Ersatzvornahmen gegenüber Hausbesitzern, die die gesetzlichen Vorgaben zum Betrieb von Feuerstätten nicht erfüllen.

 

Jedoch besitzen sie ihr Amt nicht mehr auf Lebenszeit, sondern müssen sich für diese Position in ihrem Kehrbezirk alle sieben Jahre neu bewerben.

 

Auch wenn einige Tätigkeiten der Bezirksschornsteinfeger der gewerblichen Konkurrenz entzogen sind, liegt auf der Hand, dass diese heute auch als Amtsträger in stärkerem Maße als bisher auf möglichst gute Beziehungen zu den Hausbesitzern angewiesen sind – schließlich könnten diese nach dem Ende ihrer Amtszeit zu ihren einzigen Auftraggebern werden.

 

Durch die neue, in Arbeitsgruppen wie der „TeFa OL-Scho Pfalz-Rheinhessen“ organisatorisch formalisierte Kooperation von Ofenbauern und Schornsteinfegern werden Interessenkonflikte zwischen Staat/Kommunen und der Privatwirtschaft verstärkt. Dass ein Bezirksschornsteinfeger auch weiterhin keine Anlagen prüfen darf, die von ihm oder seinen Angestellten auf gewerblicher Basis errichtet wurden, fällt dabei eher am Rande ins Gewicht. Die Grundlagen für strikte Kontrollen der Umsetzung der BimSchV-Auflagen sind jedenfalls auch im Rahmen solcher Kooperationen nicht gegeben.

Gesetzeslücken und die Ofenampel

In die 2. BimSchV hat der Gesetzgeber zudem ein Schlupfloch für nicht sanierungswillige Ofenbesitzer eingebaut: Ihre Vorschriften gelten lediglich für geschlossene Öfen der Bauart 1 (selbstschließende Feuerraumtür) – also beispielsweise einen Kaminofen.

 

Ein offener Kamin ist von der Anwendung der Emissionsvorgaben ausdrücklich ausgenommen, sofern er nur gelegentlich betrieben wird. In der Praxis wird dann aus einem Bauart 1 Ofen (selbstschließende Feuerraumtür) gerne einmal eine offene Feuerstätte. Die Betriebshäufigkeit eines solchen Ofens kann ohnehin niemand kontrollieren. Mit offener Feuerstätte versteht der Gesetzgeber nämlich nicht ausschließlich die schönen alten Kamine die wir aus Burgen und Schlössern kennen. Eine offene Feuerstätte ist jede Feuerstätte die keine selbstschließende Feuerraumtür hat.

 

Zur Orientierung, ob der eigene Kaminofen oder Schwedenofen den Vorgaben der 1. BimSchV entspricht, empfehlen der HKI und andere Stellen die sogenannte Ofenampel. Das ausschlaggebende Kriterium ist hier das Baujahr. Die Praxis zeigt jedoch, dass diese Art der Informationsvermittlung wenig hilft, wenn sich nicht auch das Umweltbewusstsein der Ofenbesitzer (und der Kontrolleure) ändert.

 

Wenn die Vorgaben der 1. BimSchV eingehalten würden, dürfte bereits seit 2014 kein einziger bis 1975 errichteter/installierter unsanierter Kaminofen mehr in Betrieb sein.

Welche Möglichkeiten gibt es, um die Vorgaben der 1. BimSchV durchzusetzen?

Bei der Durchsetzung der 1. BimSchV gibt es bisher mehr Schwachstellen als nachhaltige Erfolge. Das bisherige Kontrollsystem durch die Bezirksschornsteinfeger hat sich – auch vor dem Hintergrund der neuen EU-Gesetze – als relativ untauglich erwiesen. Sofern es um Kontrollen geht, müssten dafür neue Wege gefunden werden, beispielsweise durch die Involvierung der Bauaufsichtsbehörden sowie von Regierungsstellen.

 

Optimiert werden muss auch der Umgang mit Beschwerden. Umfrageergebnisse zeigen, dass viele Bürger seit Jahren unter Rauch- und Geruchsbelästigungen durch veraltete oder falsch betriebene Holzfeuerungsanlagen leiden. Die Kommunen haben zudem die Möglichkeit, die Übergangsfristen für die Sanierung oder den Austausch von Altanlagen zu verkürzen.

 

Beispielsweise hat die Stadt München hier im Vergleich zur 1. BimSchV strengere Auflagen erlassen. Die Vergabe lokaler Fördermittel für die Erneuerung von alten Feuerungsanlagen könnte mit der Erfüllung strengerer Emissionsauflagen verbunden werden.

 

Wichtiger ist jedoch, allen Beteiligten – Ofenbesitzern, Ofenbauern und Schornsteinfegern – klarzumachen, dass mit einem umwelt- und BimSchV-konform betriebenen Kaminofen Vorteile verbunden sind. Aufklärungskampagnen in dieser Hinsicht müssten sich auf die folgenden Punkte fokussieren:

 

  • Mit möglichst hoher Umweltfreundlichkeit der Öfen sind normalerweis auch ein deutlich höherer Wirkungsgrad und damit Kosteneinsparungen verbunden.
  • Wichtig für einen umweltfreundlichen Betrieb entsprechend den Vorgaben der 1. BimSchV sind die richtige Dimensionierung und Konfiguration der Öfen.
  • Bei einem Kaminofen und anderen Scheitholzöfen hängt der Grad der Schadstoffemissionen maßgeblich vom individuellen Nutzerverhalten – also einem sachgerechten Betrieb der Feuerstätte sowie der Qualität des Brennstoffs – ab.

Ein neuer Kaminofen – oft günstiger als die Sanierung

Außerdem stellt die Stilllegung oder Sanierung von Öfen, die den Vorgaben der 1. BimSchV nicht entsprechen, sicher, dass der neue Kaminofen auch über das Jahr 2024 hinaus ohne weitere Auflagen in Betrieb bleibt.

 

Die Stilllegung technisch überholter Öfen erweist sich auch in finanzieller Hinsicht im Vergleich zu Sanierungen oft als die bessere Entscheidung: Marktübliche Feinstaubfilter kosten zwischen 800 und 1.200 Euro. Wenn die Brennkammer des Ofens überholt werden muss, liegen die Kosten dafür oft bei über 2.000 Euro. Oft liegt der Preis für einen neuen Kaminofen, der den Anforderungen der 1. BimSchV von vornherein entspricht, niedriger als die Sanierungskosten.